#Personal – Wenn aus Freunden Fremde werden

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“Hey, mit mir kannst du doch über alles reden. Ich bin deine Freundin.”, sagt sie und schaut mich aufmunternd an. Ich wische meine Tränen von meinen Wangen, lächle vorsichtig und bin froh. Froh, dass sie gerade da ist. Froh darüber, dass sie mich in den Arm nimmt und mir zuhört.

Ich erzähle ihr alles. Die ganze Wahrheit. Ich erzähle ihr, wie unsicher mich dieser Mann macht, weil er nie sagt was er eigentlich von mir will. Ich erzähle ihr, dass ich mich hin- und hergerissen fühle, nicht weiß, was ich machen soll. Ob ich an der bestehenden Beziehung festhalten oder für einen Mann, der sich auch nach über zwölf Monaten nicht komplett für mich entscheiden kann, alles aufgeben soll. All meine Ängste, meine Zweifel brechen in einem Moment der Zerbrechlichkeit aus mir heraus. Es fühlt sich befreiend an, so als ob meine verletzte Seele für einen kurzen Moment wieder atmen könne.

“Vergiss den Idioten. Er tut dir nicht gut. Beende das.” Sie sagt das mit so einer Sicherheit in der Stimme, dass ich mich frage, warum mir das selbst das gar nicht klar war. Es ist doch eigentlich alles so einleuchtend. Da ist jemand, der dich mag, mit dem du sicherlich eine tolle Zeit verbringst und fantastischen Sex hast. Aber darüber hinaus gibt es kein “wir”. Gab es nie und wird es niemals. “Ach Liebes, ich weiß es ist schwer. Aber er tut dir doch nicht gut. Du musst jetzt an dich denken und neu anfangen – ohne ihn.” Sie hat Recht. Ich muss es tun. Es ist besser so.

 

Ich wünsche niemanden etwas Schlechtes. Ich wünsche manchen Menschen nur, dass sie sich einmal selbst begegnen.

 

Die Monate vergehen, ich habe ihn schon fast vergessen, als ich gedankenlos über das Instagram-Profil meiner Freundin scrolle. Da ist sie – und er. Innig umschlungen und sich küssend. Ich kann es nicht fassen. Regungslos starre ich dieses Bild an, frage mich, ob ER es wirklich ist, der sie da so liebevoll küsst.

“Manchmal dauern die Dinge etwas länger. Aber das macht es nur umso schöner.”

Eine Caption, die mir nicht nur explosionsartig das Herz zerreißt, sondern einen schier unendlich langen Film vor meinem inneren Auge abspielen lässt. Ich bin nicht mal wütend oder böse, aber ich bin so enttäuscht, wie ich es noch nie von einem Menschen war. So sehr, dass mein Herz blutet und sich meine Eingeweide gar nicht mehr auseinander ziehen wollen. Von ihm habe ich ehrlich gesagt nichts anderes erwartet, aber von ihr? Von einer Freundin, die mich auf so ekelhafte Art und Weise hintergeht? Es will einfach nicht in meinen Kopf. Dieses Mal gibt es nichts zu beschönigen, so sehr ich es auch gerne tun würde. Ich habe es schwarz auf weiß vor mir – ein Bild, eine eindeutige Caption, das keinen Platz für Interpretationen lässt.

Ich merke, wie ich zu zittern beginne. Wie ich kurz davor bin unter Tränen das Handy an die Wand zu knallen. Aber ich schlucke meinen Schmerz hinunter. Mal wieder.

Eine halbe Stunde lasse ich das heiße Wasser der Dusche auf mich prasseln, während mir die Tränen über’s Gesicht laufen. Als würde der Schmerz aufhören, wenn ich nur lang genug weine. Normalerweise würde ich ihr in so einem Moment schreiben oder sie vielleicht sogar anrufen. Doch in diesem Moment gibt es niemanden, dem ich genug vertrauen könnte, mich so verletzlich zu zeigen; mich so zu öffnen, wie ich es vor ihr getan habe. Denn ich habe gerade erlebt, was passieren kann, wenn man es doch tut.

 

Das traurigste im Leben ist wohl, etwas in einem anderen Menschen gesehen zu haben, das nie existierte.

 

Ich versuche zu verdrängen. Zwei Tage rede ich mir ein, dass ich über ihn schon lange hinweg bin und sie es ja gar nicht böse gemeint hat, als sie mit ihm geschlafen hat. Dass es sicher ein Versehen war. Zwei lange Tage rede ich alles schön. Noch schlimmer – ich versuche den Fehler sogar bei mir zu suchen. Ich will mit niemanden darüber reden – die, die sonst immer über alles reden will. Ich rede mir ein, dass ich mir selbst nicht gut genug bin. Dass man meine Gefühle nicht ernst nehmen kann. Dass ich meinen eigenen Wert nicht kenne und ich diese Bestätigung bei anderen suche. Um näher bei mir selbst zu sein.

Wäre sie nur irgendeine neue Frau an der Seite von ihm, wäre es mir vermutlich egal. Es würde vielleicht kurz weh tun, aber mehr auch nicht. Aber sie war jemand. Sie war (m)eine Vertraute. Eine Person, von der du glaubst, alles zu wissen und immer noch hoffst, dass sie dich niemals absichtlich so verletzen würde. Umso länger ich über ihren Verrat nachdachte, umso wertloser und bedeutungsloser fühlte ich mich. Es dauerte einige Zeit, bis ich wieder auf die Beine kam und noch länger dauerte es, bis ich wieder Vertrauen fasste und mich einer anderen Person anvertrauen konnte. Und trotzdem ist es bis heute nicht mehr so wie zuvor.

Ich habe mich nie wieder bei ihr gemeldet. Und bei ihm schon gar nicht. Sie weiß nicht, wie viel sie in mir kaputt gemacht hat. Vielleicht hat sie auch gar nicht nachgedacht, als sie dieses Bild auf Instagram hochgeladen hat. Aber das würde es nur noch schlimmer machen.

 

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2 Comments

  1. says: Marina

    Manchmal tut es ganz gut Dinge, die man nicht aussprechen kann aufzuschreiben und so zu erzählen. Tut mir leid, dass du so etwas erleben musstest. Ich hoffe du kannst irgendwann damit abschließen. Wirklich mutig von dir das mit uns zu teilen. Manche Menschen denken leider nicht an die Gefühle anderer. Das ist wirklich traurig.. aber vielleicht bist du ohne sie besser dran. Auf solche Freunde kann man verzichten.

    1. says: Bea

      Liebe Marina,

      tatsächlich hat mir der Artikel geholfen, damit endgültig abzuschließen. Wie du sagst, manchmal muss man die Dinge eben aufschreiben. Ich habe durch diese Erfahrung viel über Freundschaften gelernt und etikettiere eine “Beziehung” zu einem anderen Menschen seitdem mit keinem Label mehr. Letztendlich und so traurig es auch klingen mag – die einzige Person, der man 100-prozentig vertrauen kann, ist man selbst.

      Liebste Grüße
      Bea

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